Die Tätigkeit eines Bauingenieurs habe ich im Ingenieurbüro meines Vaters kennengelernt. Ab meinem 14. Lebensjahr habe ich als Schüler dort gearbeitet und gesehen, wie vielfältig der Beruf ist. So habe ich auch früh erfahren, dass man als Bauingenieur*in am Entstehen von Bauwerken bzw. an der Schaffung und Erhaltung der lebensnotwendigen Infrastruktur beteiligt ist. Mein Abitur habe ich mit MINT-Ausrichtung abgeschlossen, weil für mich klar war, dass mathematisch naturwissenschaftliche Methoden für eine praktische Tätigkeit als Ingenieur*in (lat: ingenium – Talent, Begabung, Genie) die beste Grundlage bieten. Die spezielle Studienwahl des Bauingenieurwesens ist sicher auf meine familiäre Vorbelastung zurückzuführen.
Heute lehre ich die Fächer Baustatik und Baudynamik an der htw saar. Dies sind Grundlagenfächer, die Bauingenieur*innen die Methoden zur Berechnung und damit zur sicheren und dauerhaften Bemessung von Bauwerken jeglicher Art (Hochbauten, Brücken, Industriebau, etc…) eröffnen.
Als Hochschule unterstützen wir Praxisunternehmen im Bereich der Baustatik und Baudynamik, z.B. durch Strukturmonitoring und Lebensdauermanagement von Tragwerken durch Eigenfrequenzmessungen, nichtlineare Strukturanalysen im Hinblick auf ressourcenschonende Planung von Tragwerken, aber auch bei der Bearbeitung von Spezialfragen wie z.B. beim Sprengabbruch von Kohlekraftwerken im Rahmen der Energiewende. Getreu dem Grundsatz „dem Inscheniör ist nichts zu schwör“ schaffen wir mit einer soliden Grundlagenausbildung den Grundstein für verantwortungsbewusstes und umweltverträgliches Handeln als Bauingenieur*in.
Der Wunsch nach unternehmerischer Selbständigkeit ist gerade im Bauingenieurwesen relativ einfach zu realisieren. Die Gründung eines eigenen Ingenieurbüros ist mit wenig Aufwand und mit geringem Kapitaleinsatz möglich, die Nachfrage ist hoch und wird sicher nicht sinken. Einige Absolvent*innen haben das auch erfolgreich umgesetzt. Die Tätigkeit im Bauingenieurwesen kann z.B. wie die eines Rechtsanwalts oder die einer Steuerberaterin freiberuflich ausgeübt werden. Die Ingenieurkammern der Bundesländer als berufsständische Vereinigungen setzen hierbei die entsprechenden Rahmenbedingungen. Somit bietet das Bauingenieurwesen unter den verschiedensten Ingenieurdisziplinen eine interessante Möglichkeit, den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen oder im Rahmen der Unternehmensnachfolge eines mittelständischen Ingenieurbüros in ein bestehendes Ingenieurbüro einzusteigen. Da die Tätigkeit im Ingenieurbüro familiengerecht gestaltet werden kann, ist sie gerade auch für Eltern sehr attraktiv.
„Ein hohes Maß an Verantwortung“
Ein Beruf im Bauingenieurwesen ist trotz Einzug der Digitalisierung und Strukturwandel ein Beruf mit Zukunft, auch wenn es der älteste unter den Ingenieurberufen ist, weil es um die Schaffung und Erhaltung unserer elementarsten Lebensgrundlagen geht. In Zukunft wird die Nachhaltigkeit der Planung im Bauingenieurwesen eine immer größere Rolle spielen, um das Ziel der Schaffung und Erhaltung von Infrastruktur unter Schonung der knappen Ressourcen möglichst klimaneutral zu erreichen. Voraussetzungen für den Erfolg im Beruf als Bauingenieur*in sind Eigenschaften wie Motivation, Teamfähigkeit, Organisationsfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein, mathematisch-naturwissenschaftliches und kaufmännisches Denken. Es zeigt sich, dass in den letzten Jahrzehnten der Anteil von Frauen in diesem Beruf zugenommen hat und immer mehr Frauen unter den besten Studierenden ihr Studium abschließen.
Ich versuche meinen Studierenden den Leitspruch von Conrad Freytag, dem Pionier des Stahlbetonbaus im Südwestdeutschen Raum, „Nicht nachlassen zwingt!“ mit auf den Weg zu geben. Das Berufsfeld Bauingenieurwesen bringt ein hohes Maß an Verantwortung mit sich. Dieser gerecht zu werden, setzt eine Leidenschaft für den Beruf voraus. Ich erwarte von meinen Studierenden, dass Sie eine Leidenschaft für ihr Studium und ihren zukünftigen Beruf entwickeln, um dieser Verantwortung gerecht zu werden, dabei ihre Lösungsansätze kritisch hinterfragen und bewerten, bis sie selbst von deren Richtigkeit und Machbarkeit überzeugt sind. Nicht zuletzt muss bei aller Verantwortung die Arbeit aber Spaß machen, was eine Voraussetzung für ein erfülltes Berufsleben ist. Diesen Spaß bei der Arbeit möchte ich als Professor wie auch als beratender Ingenieur meinen Studierenden vorleben.