Tatsächlich hat es, vermutlich wie bei so vielen, mit Lego und Märklin Metallbaukasten angefangen, danach waren Holz und Steine mein „Spielzeug“. Zur Auswahl nach dem Abitur standen eine handwerkliche Ausbildung (Zimmerer) mit anschl. Studium des Bauingenieurwesens (Konstruktiver Holzbau) oder sofortiges Studium des Bauingenieurwesens. Ich habe mich für das Studium an der Technischen Universität Karlsruhe (heute KIT) entschieden und 1987 als Dipl. Ing. [TH] abgeschlossen. Bereits während meiner Schul- und Studienzeit habe ich von 1972 bis 1984 in meiner Freizeit in einem Zimmerei- und Dachdeckereibetrieb und einer kleineren Bauunternehmung gearbeitet. Heute arbeite ich in der Bauverwaltung des Saarlandes und lehre an Hochschulen – Bauingenieurwesen.
Am Bauingenieurwesen fasziniert mich besonders der handwerkliche Umgang mit Baumaterialien, das Schaffen bleibender Werte, die Kreativität, die Verbindung von Theorie und Praxis, aber auch der hohe Anteil von Mathematik. Ich schätze die Teamarbeit und interessiere mich für die kontinuierliche Entwicklung von Materialien, Bauverfahren, Baugeräten, etc.
Ich betreue als Lehrbeauftragter keine Forschungsprojekte, bin jedoch ständig bemüht um neue Verfahren, Techniken und Methoden. Mit einer „breiten“ theoretischen Ausbildung mit einem hohen Praxisbezug sind m.E. die Sorgen um unsere Zukunft unbegründet. Es muss jedoch bei den Studierenden das Interesse am Lernen genauso vorhanden sein wie der Wille, aus vorhandenem Wissen neues Wissen zu generieren.
Mit der Übertragung meiner Erfahrungen aus der Praxis in die Lehre versuche ich den Studierenden den Umgang mit vorhandenen Ressourcen näher zu bringen. Die analoge Vorgehensweise der Vergangenheit wird zukünftig durch Modellierung in einer digitalen Welt ersetzt werden. Daher sind zukünftig Erfahrungen im Umgang mit digitalen Medien aber auch die Kenntnis um traditionelle handwerkliche Verfahren unerlässlich.
Die Perspektiven der Absolventen*innen sind m.E. sehr gut. Der wachsende Fachkräftemangel in allen Wirtschaftsbereichen – nicht nur im Bauwesen – trägt immens zur Suche nach Absolventen*innen bei.
„Bauen funktioniert mit Ideen, Kreativität und der Zusammenarbeit vieler Individuen“
Die junge Generation sollte ihren Beruf bzw. ihr Studienfach ihren Neigungen entsprechend auswählen. Voraussetzung für Erfolg im Beruf ist die Freude daran. Das Studium des Bauingenieurwesens bietet eine große Vielfalt von beruflichen Tätigkeiten. Es beginnt bei Theorie und Wissenschaft über die Planung und Ausführung von Baumaßnahmen bis hin zur Verwaltung von realisierten Bauprojekten. Nicht jedes Projekt ist so spektakulär wie z.B. der Bau des Viaduc de Millau, der Elbphilharmonie oder des Burj khalifa, etc., aber jedes Projekt benötigt Menschen, die es planen, umsetzen und unterhalten. Bauen funktioniert mit Ideen, Kreativität und der Zusammenarbeit vieler Individuen. Nur zusammen können die Herausforderungen der zukünftigen Generationen gemeistert werden. Die Zusammenarbeit oder das Teamwork funktioniert aber nur, wenn jedes Teammitglied die Sprache des anderen zumindest im Ansatz versteht. Daher ist ein Studium des Bauingenieurwesens mit allen seinen Facetten und seinen Vertiefungen notwendig, damit sich Teammitglieder bei Bauprojekten verstehen.
Aufgrund der Vielfalt der Ausbildung im Bauingenieurwesen werden technische, rechtliche, wirtschaftliche und nicht zuletzt kulturelle Fächer gelehrt. Der prozentuale Anteil von Studentinnen lag während meiner Studienzeit unter zehn Prozent. Es ist erfreulich, dass sich durch den gesellschaftlichen Wandel der letzten Jahrzehnte die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch im Bauwesen wesentlich verbessert hat. Halbtagsbeschäftigung, Erziehungszeiten, zwischenzeitlich auch Telearbeit, etc. sind auch im Bauwesen keine Fremdwörter mehr. Wenn das Interesse einer jungen Frau in einem der o.g. Fächer liegt, kann ich ihr nur zu einem Studium des Bauingenieurwesens raten.
Von meinen Studierenden erwarte ich Interesse am Fach „Bauingenieurwesen“. Ferner erwarte ich, dass sie über den „Tellerrand“ hinausschauen, einen Bezug zur Praxis, Beharrlichkeit und Durchhaltevermögen sowie einen kollegialen Umgang. Die Studierenden müssen aber auch Niederlagen einstecken können, um ihre Erfolge richtig einordnen zu können. Trotz aller Kreativität und Individualität des Bauens ist es notwendig, dass die Studierenden ihre Sozialkompetenz nutzen, um im Team Erfolg zu haben.
Ich gebe meinen Studierenden den Satz des Architekten Hoy mit auf den Weg. Der Satz lautet:
„Um das Ganze verstehen zu können, muss man seine Teile verstehen. Die Teile kann man jedoch nur verstehen, wenn man eine gewisse Vorstellung vom Ganzen hat.“
In diesem Satz ist m.E. alles enthalten, was ich versuche den Studierenden mitzugeben: Fachwissen in Kombination mit Erfahrungen aus der Praxis, Kreativität im Rahmen von gestellten Aufgaben und Sozialkompetenz durch die Betreuung von Studierenden bei Wettbewerben.